Im Klangzauber des Jugendsinfonieorchesters der Musik- und Kunstschule Bruchsal von Prof. Dr. Dr. Johann J. Beichel

„Nicht die Form, sondern Poesie“

Im Klangzauber des Jugendsinfonieorchesters der Musik- und Kunstschule Bruchsal

Schon die kluge Programmkonzeption zeigt eine professionelle Handschrift: Nordische Klänge mit Nils Gade, dann ein perlend-frischer Mozart und im Finale die Mussorgsky-Bilder mit monumentalem Breitbandsound. Klaus Eisenmann ist der ideale Steuermann des Jugendsinfonieorchesters (JSO). Er entstammt der neuen Mannheimer Schule, war Assistent von Horst Stein am Nationaltheater, dann Generalmusikdirektor in Pforzheim mit Gastdirigaten im In- und Ausland, lehrte vielen Studentenjahrgängen das Dirigieren an der Musikhochschule Mannheim und hat schon mehrfach auch mit seinem Stamitz-Orchester im Rechbergsaal begeistert. Nach zweijähriger Corona-Zwangspause führte er sein JSO auf eine Konzertreise nach Padua in Italien.

Der dänische Komponist Nils Wilhelm Gade (1817-1890) begann als Geiger und studierte privat Komposition. 1841 wurde er mit seiner Ouvertüre opus 1 „Nachklänge von Ossian“ schlagartig bekannt und erhielt ein königliches Stipendium, das ihn zum Studium nach Leipzig zu Mendelssohn-Bartholdy führte. 1845 übernahm er von ihm die Leitung der Gewandhauskonzerte und hinterließ Sinfonien, Ouvertüren, Konzerte, Chorwerke und Lieder. Auch Robert Schumann trat leidenschaftlich für Gades Musik ein und Ludwig Uhland überschrieb seine Ouvertüre mit: „Formel hält uns nicht gebunden, unsere Kunst heißt Poesie,“ ist entsprechend klangfarbenreich mit Harfen-Glitzer in wehmütig-nordischer Moll-Melancholie.

Schon in Padua glänzte die mit zahlreichen Preisen dekorierte junge Solistin Katharina Hock, Schülerin der MuKs in der Begabtenklasse bei Leonid Schick mit dem 23. Klavierkonzert von Wolfgang A. Mozart mit kammermusikalischem Bläsersatz und einer Siciliano-Klage im 2. Satz. Das große pianistische Talent spielt seit ihrem sechsten Lebensjahr leidenschaftlich Klavier und erhielt zuletzt den Heinz-Heckmann-Förderpreis. Seit Herbst 2018 ist sie Mitglied der Stiftung „Amadé“ der Musikhochschule Mannheim für die Förderung des besonders begabten Musikernachwuchses.

Mit unbändigender Gestaltungslust und einer atemberaubenden Kadenz zelebriert sie Mozart duftig und mit frischen Tempi. Ihr zweiter Satz ist purer Hörgenuss, rasant und sportlich ihr abschließendes Allegro. Tosender Applaus forderte eine Zugabe: Die Lerche von Michail Glinka, technisch virtuos, dennoch federleicht serviert.

Die Intonation der Streicher wird zunehmend stabiler und die ganze Tutti-Besetzung läuft zur Höchstform auf in Mussorgskys „Bilder einer Ausstellung“ als Gang durch eine Gemäldeausstellung nach einer Instrumentierung von Maurice Ravel. Nach imposantem Bläsersatz in der Promenade, exaktem Schlagwerk im Gnom, mystischen Klänge im Schloss, flinken Küken, schwermütigem Bydlo und dem klangwuchtigen Großen Tor von Kiew brechen Beifallsstürme aus. Das JSO mit seinen über 50 MusikerInnen ist breit aufgestellt, die Jüngsten erst 12 Jahre alt, aber auch mit „alte Hasen“ besetzt, die schon jenseits der 20 sind. Im Dirigentenlehrbuch schreibt Kurt Thomas (Leipzig 1935): Es gäbe per se keine guten Chöre oder Orchester, sondern nur gute Chor- und Orchesterleiter. Es scheint was Wahres dran zu sein, wenn man seit 2006 die Professionalität von Klaus Eisenmann als Musiker wie als Pädagoge miterlebt.                                                                                          Johann Beichel

Fotos: Martin Heintzen